Enrico Brunalla

Neue Symbolik

Zur Charakterisierung einiger wichtiger Segmente des Brunallaschen Spätwerks prägte die Kunstkritik die Bezeichnung Neue Symbolik. Wenn auch für einige Werke umstritten ist, ob sie der Neuen Symbolik zuzurechnen sind, so ist dies doch bei den folgenden Arbeiten allgemeiner Consensus, zumal Enrico Brunalla sie persönlich für seine Werkschau "Neue Symbolik 2005 - 2009" im Frühjahr 2009 in der Kunsthalle Biel auswählte.

Spielzeugwald (2006)

14 Jahre nach seinen legendären Strandplastiken nahm Enrico Brunall das Thema der "Familienaufstellungen im Taschenformat" wieder auf, kombiniert diesmal jedoch Naturmaterialen des Waldbodens mit der bunten PVC-Spielzeugwelt des 21. Jahrhunderts. Dabei sprengte er die traditionellen Vorstellungen des Kunstwerks als einer Schöpfung des Künstlers wie kein anderer bildender Künstler vor ihm, indem er die Gestaltung der Skulptur vollständig einer Gruppe 7 bis 9 jähriger Mädchen überließ. "Kunst wird hier als kollektiver Schöpfungsprozess einer ganzen Kultur sichtbar," erläuterte Brunalla seine umstrittene Methode. Scharfe Kritik erntete er vor allem in der Boulevardpresse, nachdem bekannt geworden war, dass das Werk für knapp 750.000 Euro von einem australischen Medien-Tycoon gekauft worden war, während die beteiligten Mädchen von Hartz 4 leben mussten. "Kunst ist niemals political correct, kann niemals political correct sein, und darf auch niemals political correct sein!" konterte Brunalla diese Kritik.

Spielzeugwald (2006)

Erscheinung (2006)

Enrico Brunall hat stets beteuert, dass es sich bei diesem Werk um eine echte Lomografie mit seiner "LOMO Compact Automat" handele. "Es war auf dem Rückweg vom Parkplatz des Backåkra-Geländes zur Landstraße nach Ystad," erzählte er in der Talkshow "Johannes B. Kerner" im ZDF, "ich traute meinen Augen nicht, aber der Aufnahme meiner LOMO musste ich trauen." Fotoexperten fiel jedoch schon bald nach Veröffentlichung des Fotos im Magazin "Stern" die sorgfältige Komposition der Darstellung auf. "Mit einer LOMO aus dem Hüftgelenk ist das nicht möglich," gibt Brunalla-Biograf Caspar W. Hengst in seiner Monografie "Brunalla - Die späten Jahre" zu bedenken. "Hier muss zumindest eine gezielte Nachbearbeitung des Fotos stattgefunden haben."

Erscheinung (2006)

Alternative Straßenbeleuchtung (2007)

Diese Designstudie gewann den ersten Preis eines von der Stadt Dortmund ausgeschriebenen Wettbewerbs zur Neugestaltung der Dortunder Straßenbeleuchtung. Obwohl von der Stadtverwaltung zur Umsetzung empfohlen, stimmte der Rat der Stadt dennoch mehrheitlich für den von den RWE eingereichten Vorschlag "DSB21". Enrico Brunalla finanzierte daraufhin mit Hilfe seines Preisgeldes eine einzelne Straßenleuchte für eine symbolträchtige Straßenkreuzung im Dortmunder Süden.

Alternative Straßenbeleuchtung (2007)

Unter Hunden (2008)

Schon 1987 hatte sich Enrico Brunalla in seinem Fresco "Melancholia 2000" mit diesem Thema auseinandergesetzt. Diese Fotoarbeit, bei der 1024 Einzelobjekte von 42 Hilfskräften millimetergenau angeordnet werden mussten, versteht der Künster als Konzentration seines damaligen Werkes auf das Wesentliche. "Damals kreiste ich noch vorsichtig um die ins Auge gefasste Kernaussage herum," kommentierte Brunalla anlässlich der Vernissage in der Gallerie Oppenheimer und Lüpflöffel in Castrop-Rauxel. "Das Leben ist jedoch zu kurz. Man kann nicht ewig um den heißen Brei herumschawenzeln."

Unter Hunden

Hang Couture (2008)

Zusammen mit dem Modedesigner Karl Lagerfeld gestaltete Enrico Brunalla im Jahr 2008 die Kollektion "Hang Couture". Den erstaunten Journalisten des Fachblattes "Der Bildhauer" antwortete Brunalla: "Ich wollte einfach mal was anderes machen." "Enrico versteht es, den Blick auf das Wesentliche zu lenken," lobte Lagerfeld das ungewöhnliche Engagements seines Kollegen. Hier als Beispiel aus der Kollektion eine Kreation aus Hut, Bluse und Bustier:

Hang Couture